Distanzunterricht

Konzepte und Orientierungen

 

Rechtlicher Rahmen

Am 30. September 2020 hat der Ausschuss für Schule und Bildung seine Zustimmung zur Zweiten Verordnung zur befristeten Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen gemäß § 52 Schulgesetz (VO Distanzunterricht) erteilt. Schulleitungen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Eltern liegt damit ein rechtverbindlicher Rahmen für den Distanzunterricht vor:

  • Distanzunterricht kommt nur bei einem durch SARS-CoV-2 verursachten Infektionsgeschehen in Betracht. Ist die Unterrichtsversorgung aus anderen Gründen angespannt, ist nicht auf Distanzunterricht, sondern die üblichen Instrumente zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung zurückzugreifen.
  • Der Schul- und Unterrichtsbetrieb in Präsenz hat absoluten Vorrang. Erst wenn nach Ausschöpfen aller Möglichkeiten, Präsenzunterricht nicht oder nicht vollständig erteilt werden kann, findet Distanzunterricht statt. An diese Voraussetzung sind strenge Maßstäbe zu legen. Es sind alle Optionen zur Realisierung des Vorrangs von Präsenzunterricht zu nutzen.
  • Distanzunterricht kann aus Gründen des Infektionsschutzes auch für einzelne Schülerinnen und Schüler oder einen Teil der Schülerinnen und Schüler erteilt werden. Beim Distanzunterricht handelt es sich nicht um sogenanntes „Homeschooling“. Darunter wird im Allgemeinen eine Form des Lernens verstanden, die ohne Beteiligung der Schule erfolgt – ggf. gesteuert von den Eltern. Beim Distanzunterricht handelt es sich weiterhin um von der Schule veranlasstes und von den Lehrerinnen und Lehrern begleitetes Lernen auf der Grundlage der geltenden Unterrichtsvorgaben (Richtlinien und Lehrpläne).
  • Weitere Hinweise zum Distanzunterricht finden sich in dem Runderlass des Schulministeriums vom 20.10.2020.

Über die Einrichtung von Distanzunterricht entscheidet die Schulleitung. Sie informiert die zuständige Schulaufsicht und die Schulkonferenz darüber.

 

Organisatorischer Rahmen

Eckpunkte

Aus den rechtlichen Grundlagen ergeben sich für Schülerinnen und Schüler, für Lehrkräfte und für das FEG insgesamt wichtige Veränderungen zu dem im letzten Schulhalbjahr angebotenen Lernen auf Distanz:

  • Der Distanzunterricht beruht auf einem pädagogischen und organisatorischen Plan. Für den Distanzunterricht gelten die Unterrichtsvorgaben des Ministeriums und die schuleigenen Unterrichtsvorgaben gemäß § 29 des Schulgesetzes NRW.
  • Die Schülerinnen und Schüler sind zur Teilnahme am Distanzunterricht im gleichen Maße wie beim Präsenzunterricht verpflichtet.
  • Die beteiligten Lehrkräfte gewährleisten die Organisation des Distanzunterrichts und die regelmäßige pädagogisch-didaktische Begleitung ihrer Schülerinnen und Schüler. Für den Einsatz der Lehrkräfte wird in der Verordnung geregelt, dass der Einsatz im Präsenz- und Distanzunterricht hinsichtlich des zur Verfügung stehenden Stundendeputats gleichwertig ist.
  • Eine weitere Neuerung für das Schuljahr 2020/21 ist die Bewertung von Leistungen beim Distanzunterricht.
Organisatorischer Hinweis zu Schülerinnen und Schüler mit relevanten Vorerkrankungen

Ein regelmäßiger Schulbesuch ist eine wichtige Voraussetzung für die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags von Schule sowie die psychosoziale Entwicklung der Schülerinnen und Schüler. Grundsätzlich sind Schülerinnen und Schüler daher verpflichtet, am Präsenzunterricht teilzunehmen. Es gelten die allgemeinen Bestimmungen zur Schulpflicht und zur Teilnahmepflicht. Dies ist zudem vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass sowohl die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) als auch das Robert-Koch-Institut (RKI) in ihren Empfehlungen zum Umgang mit Risikogruppen zwischenzeitlich auf das Erfordernis einer medizinischen Einzelfallbeurteilung verweisen.

Für Schülerinnen und Schüler mit relevanten Vorerkrankungen finden die Bestimmungen über Erkrankungen (§ 43 Absatz 2 Schulgesetz NRW) mit folgender Maßgabe Anwendung: Die Eltern entscheiden, ob für ihr Kind eine gesundheitliche Gefährdung durch den Schulbesuch entstehen könnte – die Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt wird angeraten. In diesem Fall benachrichtigen die Eltern unverzüglich die Schule und teilen dies schriftlich mit. Bei begründeten Zweifeln (z. B. bei besonders häufigem, mit Krankheit begründetem Fehlen oder einer außergewöhnlichen Dauer der Erkrankung) kann die Schule von den Eltern ein ärztliches Attest verlangen und in besonderen Fällen ein amtsärztliches Gutachten einholen. Besuchen die Schülerin oder der Schüler die Schule voraussichtlich oder tatsächlich länger als sechs Wochen nicht, soll die Schule ein ärztliches Attest verlangen und in besonderen Fällen ein amtsärztliches Gutachten einholen.

Für diese Schülerinnen und Schüler entfällt lediglich die Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht. Sie sind weiterhin dazu verpflichtet, daran mitzuarbeiten, dass die Aufgabe der Schule erfüllt und das Bildungsziel erreicht werden kann. Hierzu gehört auch der Distanzunterricht. Die Verpflichtung zur Teilnahme an Prüfungen bleibt bestehen.


Wechselmodelle als Umsetzungsformen der hybriden Schulpraxis

In seiner Schulmail vom 21.12.2020 gibt das Ministerium für Schule und Bildung die Rahmenbedingungen vor, denen Modelle des Wechselunterrichts zu genügen haben, wenn sie eingeführt werden. Im Einzelnen sind folgende Punkte vorgegeben:

  • Der Distanzunterricht unterliegt den o.g. rechtlichen Vorgaben der Distanzlernverordnung. Die Schulleitung ist für die Ausgestaltung des Distanzunterrichts im Rahmen eines organisatorischen und pädagogisch-didaktischen Plans verantwortlich und zeigt diesen der Schulaufsicht an. Die Schulkonferenz ist über diesen Plan zu informieren.
  • Die Schulen setzen Wechselmodelle nach ihren Konzepten um. Dabei ist zu prüfen, wie der Wechsel der Schülerinnen und Schüler einer Lerngruppe organisiert werden soll (A-und-B-Wochen, tageweise Wechsel der jeweils halbierten Lerngruppe etc.). Die Schulkonferenz ist zu informieren.
  • In Wechselmodellen sind die Anteile von Präsenz- und Distanzunterricht in etwa gleich groß. Es ist allen betroffenen Schülerinnen und Schülern im gleichen Ausmaß Zugang zu den Phasen des Präsenzunterrichts zu ermöglichen.
  • In den Phasen des Distanzunterrichts ist die Erreichbarkeit der Schülerinnen und Schüler möglichst sicherzustellen. Dabei soll die Schule die Eltern auf ihre Mitwirkungspflichten rechtzeitig hinweisen.
  • Die unten aufgeführten Handreichungen zur lernförderlichen bzw. chancengerechten Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht geben wichtige Orientierungen, wie der Unterricht in Präsenz und auf Distanz didaktisch konzipiert werden kann; hier spielen vor allen Dingen Interaktion und Anlage der Lerneinheit eine entscheidende Rolle.


Voraussetzungen und technische Unterstützung

Eine wesentliche Voraussetzung für einen gelingenden Distanzunterricht bildet die technische Ausstattung der Schülerinnen und Schüler. Um diese bei der Konzeption von Distanzlernarrangements angemessen berücksichtigen zu können, werden die technischen Ressourcen im Rahmen einer Erhebung erfasst. Der Erhebungsbogen lässt sich über den folgenden Link einsehen:

Familien, deren Kinder von Distanzlernangeboten betroffen sind und die einen Engpass bei der digitalen Ausstattung haben, wenden sich bitte mit dem ausgefüllten Erhebungsbogen an die Schulleitung. Diese versucht Abhilfe zu schaffen:

  • entweder durch die Ausleihe von linuxbasierten Desktop-Rechnern (MATE-Arbeitsumgebung) samt notwendigen Perispheriegeräten
  • oder durch die Ausleihe von iPads (auf der Grundlage dieses Leihvertrags).

Sowohl die Desktop-Rechner als auch die iPads sind so konfiguriert, dass sie die vollständige Nutzung der am FEG verwendeten digitalen Werkzeuge erlauben. Hinweise zum technischen Support finden sich über diesem Link.

 

Didaktischer und methodischer Rahmen

Unterstützungsangebote der Schulaufsicht

Didaktische und organisatorische Hinweise, die die o.g. Verordnung konkretisieren, finden sich in den nachstehenden Dokumenten und Online-Angeboten, die die Schulaufsicht zur Verfügung stellt:

 

Hybride Schulpraxis

Im schulischen Alltag ist davon auszugehen, dass während der COVID-19-Pandemie nicht ausschließlich Phasen des Präsenz- oder Distanzunterrichts stattfinden, sondern dass diese sich in kürzeren Phasen abwechseln oder sogar parallel zueinander stattfinden (s.o.). Ein entscheidender Planungsansatz für die Unterrichtsgestaltung besteht daher darin, den Präsenz- und den Distanzunterricht möglichst eng aufeinander abzustimmen. Das Schulministerium gibt dazu folgende Anregung:

„Plane den Unterricht stets so, dass er mit möglichst wenigen
Änderungen sowohl im Präsenz- als auch im reinen
Distanzunterricht oder im Blended Learning lernförderlich
umsetzbar ist.“

(Quelle: Handreichung des Schulministeriums zum Distanzunterricht5)

Anhaltspunkte zur Planung von Lehr-Lernarrangements, die Präsenz- und Distanzlernphasen miteinander verknüpfen, finden sich nachstehend (vgl. ergänzend den unten angegebenen Verweis auf grundlegende Reflexionsaspekte):

(Quelle: MSB NRW (Hrsg.): Handreichung zur chancengerechten Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht im Berufskolleg, Düsseldorf 2020, S, 31 (minimal verändert).)

Hilfreich bei der Abstimmung des Präsenzunterrichts auf den Distanzunterricht ist der didaktische Schieberegeler, der die pädagogischen Spannungsfelder offenlegt, in denen sich insbesondere Distanzlernarrangements bewegen6:

(Quelle: https://broschüren.nrw/distanzunterricht/home/#!/zwischen-praesenz-und-distanzunterricht)

 

Konzepte und Begriffe zur hybriden Schulpraxis

In der vom Schulministerium herausgegebenen Handreichung zur chancengerechten Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht für berufsbildende Schulen findet sich eine prägnante Übersicht der zentralen Konzepte und Begriffe zur hybriden Schulpraxis, die in übertragener Form auch am Friedrich-Ebert-Gymnasium Gültigkeit beanspruchen können. Im Einzelnen werden folgende Stichworte behandelt und dazu jeweils Chancen und Herausforderungen benannt: Präsenzunterricht, Distanzunterricht, synchrones Unterrichtsformat, asynchrones Unterrichtsformat, Blended Learning, Lernmanagementsystem, Flipped Classroom, Webkonferenz, Videokonefrenz/-chat, kollaboratives Arbeiten, Online-Tutoring, Flex-Modell, BYOD.

Vor dem Hintergrund dieser Konzepte und Begriffe erscheint es sinnvoll, nicht primär von den Konzepten „Präsenz-“ und „Distanzunterricht“ auszugehen, sondern von „synchronen“ und „asynchronen Lernarrangements“ und diese zweckmäßig aufeinander abzustimmen. Ob diese Lernarrangements im Präsenz- oder in Distanzunterricht stattfinden, ist dann sekundär.


Didaktisch-methodische Reflexionsaspekte

Weitere Orientierungen bei der Planung von Distanzlernarrangements kann deren didaktisch-methodische Struktur geben, die unter diesem Link an Anlehnung an das Berliner Modell der Didaktik dargestellt ist.

 

Weiterentwicklungen am FEG: vom Distanzlernen 2.0 zum Distanzlernen 3.0

Am FEG besteht die Möglichkeit, im Schuljahr 2020/2021 an die positiven Erfahrungen des letzten Schuljahres anzuknüpfen. Nach einer umfassenden Evaluation wurde das schulische Konzept des Distanzlernens zum “Distanzlernen 2.0” weiterentwickelt. Die Eckpunkte dieses Konzepts finden sich in dem nachstehend verfügbaren Papier:

Schon beim Distanzlernen 2.0 galt der Grundsatz, die Lernangebote überwiegend in digitaler (statt in analoger) Form zu unterbreiten. An diesem Konzept wird festgehalten, wobei das Distanzlernen auf zwei Ebenen zum Konzept des “Distanzlernens 3.0” weiterentwickelt wird:

  • auf der Ebene der digitalen Werkzeuge (bspw. Integration des landesweit eingerichteten Tools LOGINEO LMS) sowie
  • auf der didaktisch-methodischen Ebene (Fortentwicklung des Distanzlernens zum begleiteten Distanzunterricht).

Vorgesehen ist, das Konzept des Distanzlernens 3.0 während einer Übergangszeit im Laufe des Schuljahres 2020/2021 zu implementieren.


Gelingensbedingungen

Scheiter und Lachner führen in einem aktuellen Beitrag7 die nachstehend zusammengestellten Gelingensbedingungen erfolgreichen Distanzunterrichts aus:

GelingensaspekteGelingensbedingungen
Organisation– strategisch geplanter Prozess
– gemeinsame Vision aller Beteiligten
– grundsätzlicher kultureller Wandel in der Schule
– hinreichende finanzielle Ressourcen für die technologische Ausstattung
technische und pädagogische Unterstützung der Lehrenden
Pädagogisches Konzeptgut konzipierte Tiefenstrukturen8 des Distanzunterrichts:
effektives Claasroom Management (z. B. konsequenter Umgang mit Störungen, maximierte Nutzung zur Verfügung stehender Zeit)
konstruktive Unterstützung (z. B. konstruktiver Umgang mit Fehlern, Geduld, angemessenes Tempo, soziale Eingebundenheit auch im Distanzunterrichtsgeschehen („Herstellen von gefühlter sozialer Präsenz in virtuellen Lehr-Lernkontexten“ durch synchrone und asynchrone Kommunikationsangebote); vgl. auch die hier mit Blick auf ein digitales Medium/Setting genannten Unterstützungsstrukturen) und
Potenzial zur kognitiven Aktivierung der Lernenden (z. B. an Vorwissen anknüpfende Aufgaben, aktivierende Unterrichtsgespräche)

zweckmäßige und gewinnbringende didaktisch-methodische Nutzung digitaler Medien
Merkmale der Lernenden– Passung zwischen Bedürfnissen der Lernenden und dem Lernangebot (Wunsch nach persönlich relevanten Lerninhalten, nützlichen, aktivierenden und interessanten Lernmaterialien, einer klaren Strukturierung des Lernprozesses, Kontrolle über den Lernverlauf, Möglichkeit, auf eigene Bedürfnisse und Probleme aufmerksam zu machen, Unterstützung bei der Feststellung des eigenen Lernstandes und individuelles Feedback)
Verfügbarkeit metakognitiver Strategien zur Überwachung und Regulation des Lernprozesses, Zeitmanagement, Anstrengungsregulation, kritisches Denken
– wahrgenommene Eigenverantwortung für den Lernprozess
– positive Selbstwirksamkeitsüberzeugungen
– hohe Lernmotivation
Vorerfahrungen mit Distanzlernen
Merkmale der Lehrenden– gut ausgeprägtes fachliches, pädagogisches, fachdidaktisches und technologisches Wissen
– gut ausgeprägte professionelle Kompetenzen
– positive Nützlichkeits- und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bezogen auf den unterrichtlichen Einsatz digitaler Medien


Leistungsbewertung

Die gesetzlichen Vorgaben zur Leistungsüberprüfung (§ 29 SchulG i. V. m. den in den Kernlehrplänen bzw. Lehrplänen verankerten Kompetenzerwartungen) und zur Leistungsbewertung (§ 48 SchulG i. V. m. den jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen) gelten auch für die im Distanzunterricht erbrachten Leistungen. Eine Qualitätsorientierung bietet der Referenzrahmen Schulqualität NRW mit impulsgebenden
Formulierungen.

Die Leistungsbewertung erstreckt sich auch auf die im Distanzunterricht vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Klassenarbeiten und Prüfungen finden in der Regel im Rahmen des Präsenzunterrichts statt. Daneben sind weitere in den Unterrichtsvorgaben vorgesehene und für den Distanzunterricht geeignete Formen der Leistungsüberprüfung möglich. Die im Distanzunterricht erbrachten Leistungen werden also in der Regel in die Bewertung der sonstigen Leistungen im Unterricht einbezogen. Leistungsbewertungen im Beurteilungsbereich „Schriftliche Arbeiten“ können auch auf Inhalte des Distanzunterrichts aufbauen.

Die Grundsätze zur Leistungsbewertung werden im FEG hinreichend klar und verbindlich festgelegt und während der Klassen-, Jahrgangsstufen- und Schulpflegschaftssitzungen sowie in der Schulkonferenz kommuniziert. Bezogen auf die Veränderungen in der Leistungsbewertung durch den Distanzunterricht bzw. durch die Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht ist eine Überprüfung und ggf. Anpassung der Grundsätze der Leistungsbewertung durch die zuständige Fachkonferenz (§ 70 SchulG) notwendig. Im Sinne einer transparenten Bewertungspraxis ist es ebenso notwendig, Schülerinnen und Schüler und deren Eltern über die Grundsätze der Leistungsbewertung zu informieren.

Sonstige Leistungen im Unterricht
Ebenso wie bei der Gestaltung des Unterrichts Anpassungen notwendig werden, muss auch der Bereich der Leistungsüberprüfung im Hinblick auf die Passung für den Distanzunterricht überprüft werden. Nicht alle für den Präsenzunterricht geeigneten Formen der Leistungsüberprüfung sind auf den Distanzunterricht übertragbar, zumal je nach Grad der häuslichen Unterstützung auch die Frage der Eigenständigkeit der Leistung zu beachten ist. Ergänzend zur Bewertung eines Schülerinnen- bzw. Schülerproduktes empfiehlt sich ggf. mit den Schülerinnen und Schülern über den Entstehungsprozess bzw. über den Lernweg ein Gespräch zu führen, das in die Leistungsbewertung einbezogen werden kann. Bei der Konzeption von Leistungsüberprüfungen müssen die für die Leistungserbringung erforderlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, wie beispielsweise die Verfügbarkeit eines ruhigen Arbeitsplatzes. Der Grundsatz der Chancengleichheit muss gewahrt sein. Mögliche Formen der Leistungsüberprüfung für den Distanzunterricht (Beispiele) im Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht“:

Tab.: sonstige Leistung im Distanzunterricht (aus: Handreichung des MSB zum Distanzunterricht)

Schriftliche Leistungen im Unterricht
Klassenarbeiten und Prüfungen finden in der Regel im Rahmen des Präsenzunterrichts statt. Auch Schülerinnen und Schüler mit coronarelevanten Vorerkrankungen sind verpflichtet, an den schriftlichen Leistungsüberprüfungen unter Wahrung der Hygienevorkehrungen teilzunehmen.

Die erforderlichen Leistungsnachweise sind in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen geregelt. So besteht beispielsweise auf der Grundlage der APO SI bereits jetzt die Möglichkeit, einmal im Schuljahr pro Fach eine Klassenarbeit durch eine andere, in der Regel schriftliche, in Ausnahmefällen auch gleichwertige nicht schriftliche Leistungsüberprüfung zu ersetzen (§ 6 Abs. 8 APO- SI). Des Weiteren kann in den modernen Fremdsprachen einmal im Schuljahr eine schriftliche Klassenarbeit durch eine gleichwertige Form der mündlichen Leistungsüberprüfung ersetzt werden. Diese Regelungen können auch im Distanzunterricht Anwendung finden – z. B. eine mündliche Leistungsüberprüfung in Form einer Videokonferenz. Die Fachkonferenzen können fachbezogene, zu den Klassenarbeiten alternative Formen der Leistungsüberprüfung entwickeln, die sowohl im Präsenz- als auch im Distanzunterricht genutzt werden können. Als alternative Formen bieten sich beispielsweise Portfolios, aufgabenbezogene schriftliche Ausarbeitungen, mediale Produkte (ggf. mit schriftlicher Erläuterung) sowie Projektarbeiten an. In der gymnasialen Oberstufe gilt für die Fächer mit Klausuren, dass in der Qualifikationsphase nach Festlegung durch die Schule eine Klausur durch eine Facharbeit ersetzt wird. Die Verpflichtung zur Anfertigung einer Facharbeit entfällt bei Belegung eines Projektkurses (§ 14 Abs. 3 APO-GOSt). In den modernen Fremdsprachen können Klausuren mündliche Anteile enthalten. In einem der ersten drei Halbjahre der Qualifikationsphase wird im FEG in den modernen Fremdsprachen eine Klausur durch eine gleichwertige mündliche Leistungsüberprüfung ersetzt. Die mündliche Leistungsüberprüfung liegt dabei nicht in dem Halbjahr, das in demselben Fach von der Schule für die Facharbeit festgelegt wurde (§ 14 Abs. 5 APO-GOSt). Sowohl die Anfertigung der Facharbeit als auch mündliche Leistungsüberprüfungen können auch in Distanzphasen erfolgen. Für mündliche Leistungsüberprüfungen, aber auch für die Beratungsgespräche im Rahmen der Erstellung der Facharbeit, bieten sich z. B. Videokonferenzen an.

Umgang mit Ergebnissen
Die Leistungsüberprüfungen werden so angelegt, dass sie die Lernentwicklung bzw. den Lernstand der Schülerinnen und Schüler angemessen erfassen und Grundlage für die weitere Förderung sind. Die Rückmeldung an die Schülerinnen und Schüler sollte daher differenziert Stärken und Schwächen hervorheben und Hinweise zum Weiterlernen geben. Der Lehrkraft liefern Leistungsüberprüfungen wertvolle Hinweise zur Reflexion des eigenen Unterrichts.

Rückmeldung
Für eine Lernberatung und Förderung der Schülerinnen und Schüler sind prozessbegleitende und entwicklungsorientierte Feedbackphasen sowohl durch Mitschülerinnen und Mitschüler als auch durch die Lehrkraft gerade im Distanzunterricht von besonderer Bedeutung. Je nach Leistungsüberprüfungsformat kann ggf. auch eine Peer-to-Peer-Feedbackphase mit anschließender Möglichkeit der Nachbearbeitung initiiert werden, welche der abschließenden Leistungsbeurteilung durch die Lehrkraft vorgeschaltet ist. Lehrkräfte geben insbesondere auch im Rahmen des Distanzunterrichts sowohl Eltern als auch den Schülerinnen und Schülern selbst den Lernprozess begleitende Rückmeldungen zum jeweiligen Leistungsstand und zu weiteren Möglichkeiten der Förderung (§ 44 SchulG).

 

Zeitgemäße Prüfungsformate

Passend zu den obigen Überlegungen zur Leistungsbewertung setzt sich Albrecht in einem Aufsatz mit zeitgemäßen Prüfungsformaten auseinander. Er konstatiert für das digitale Zeitalter…

“ …dass das Subjekt von Lehr-Lernprozessen nicht länger ausschließlich das Individuum ist, sondern ebenso das inetrpersonale soziale System […]. Das schließt Prozesse des individualisierten und personalisierten Lernens keineswegs aus, es erweitert aber die Möglichkeiten einer Prüfungskultur, in der Probleme und Aufgaben nicht mehr nur alleine, sondern im Austausch mit anderen Novizinnen und Novizen, aber auch Expertinnen und Experten sowie unter Zuhilfenahme analoger und digitaler Hilfsmittel bearbeitet werden.

Wenn Wissen also zunehmend in vernetzten Gemeinschaften und unter Einbezug verschiedener Medien erworben wird, können im digitalen Fernunterricht isolierte Einzelprüfungen ohne Zugriff auf das Internet ‚die Lebenswirklichkeit der Kultur der Digitalität nicht mehr angemessen repräsentieren‘ […]. Vielmehr sind Prüfungsformate erforderlich, die nicht nur die Verwendung eigener Unterlagen und bereitgestellten Materials ermöglichen, sondern die auch die Recherche, Kommunikation und Kollaboration erlauben und Peer-Feedback einfordern. Neben der Beurteilung von Einzelleistungen muss also in der Kultur der Digitalität verstärkt die Beurteilung von Gruppenleistungen und Teamarbeit in den Fokus rücken.“9

Der Forderung Albrechts nach zeitgemäßen Prüfungsformaten lässt sich vor dem Hintergrund der schulrechtlichen Vorgaben in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen sowie den Kernlehrplänen nur entsprechen, wenn die drei nachstehenden Leistungsbewertungsformen in einem angemessenen Verhältnis zur Anwendung kommen:

  • die formative Leistungsbewertung, die unterrichtsbegleitende Informationen über den aktuellen Lernstand liefert und in die in verschiedenen Phasen des Distanzunterrichts etwa im Zusammenhang mit kollaborativen Unterrichtsvorhaben die Planung der Schülerinnen und Schüler, „die Recherche und Materialsammlung, die Auswertung und Strukturierung des Materials, die ersten Rohfassungen des späteren Produkts sowie Überarbeitungen und Korrekturen etc.“10 eingehen können;
  • die summative Leistungsbewertung, die das erreichte Leistungsniveau zum Zwecke der Dokumentation zu einem bestimmten Zeitpunkt feststellt, was besonders in synchronen Kommunikationssituationen auf Distanz oder in Präsenzphasen bei hybriden Unterrichtsarrangements geschehen kann;
  • die partizipative Leistungsbewertung, welche die Schülerinnen und Schüler daran beteiligt, Leistungen zu definieren, zu ermöglichen, festzustellen, zu dokumentieren, zu bewerten, zu reflektieren und zurückzumelden.


Anmerkungen

  1. Vgl. auch den Beitrag „Gute Praxis – Aus der Praxis für die Praxis“ aus Schule NRW 10/2020
  2. Es gibt auch eine Handreichung zur chancengerechten Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht für berufsbildende Schulen.
  3. Diese Impulse haben Eingang in Kapitel 4 der vorab genannte Handreichung zur lernförderlichen Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht für allgemeinbildende Schulen gefunden.
  4. Das Online-Angebote von QUA-LiS befinden sich noch im Aufbau.
  5. https://broschüren.nrw/distanzunterricht/home/#!/zwischen-praesenz-und-distanzunterricht
  6. Vgl. dazu die Erläuterungen von A. Kommer
  7. Scheiter, Katharina/Lachner, Andreas: Chancen und Herausforderungen der Distanzlehre aus der Sicht der empirischen Lehr-Lernforschung, u.a. (Hrsg.): Fern- und Präsenzunterricht. Befunde und Praxiserfahrungen, Schulmanagement Handbuch, Bd. 175, München 2020, S. 6-18 (10-14).
  8. vgl. Kunter, Mareike/Trautwein, Ulrich: Psychologie des Unterrichts, Paderborn 2013, S. 76-106.
  9. Albrecht, Christian: Prüfungsformate im digitalen Wandel, in: Klee, Wanda/Wampfler, Philippe/Krommer, Axel (Hrsg.): Hybrides Lernen. Zur Theorie und Praxis von Präsenz- und Distanzlernen, Weinheim/Base 2021, S. 130-146 (136).
  10. ebd., S. 137